Mice & More, Maria und Natalia Petschatnikov
„Hunderte lebensgroße Repliken veralteten Computer Equipments, Monitore, Drucker, Tastaturen, Mäuse ..., - sorgfältig reproduzierte Geräte unserer näheren Vergangenheit, uralt, nutzlos, unbrauchbar. Nach kürzester Zeit sind sie nur noch leere Schalen, Skelette ausgestorbener Spezies. Die Reproduktionen aus Verpackungsmaterialien, Pappe und gelblichem Klebeband, unterstreichen den Eindruck der Vergänglichkeit. Ein archäologischer Berg von Knochengerüsten, die auf genauere wissenschaftliche Katalogisierung und Aufsortierung warten.“ So beschreiben die Künstlerinnen selbst ihr aktuellstes, raumfüllendes Werk, das sie speziell für ihre Ausstellung im Kunstverein Harburger Bahnhof geschaffen haben.
Die Vielfältigkeit der Formen und Arten der Computer-Spezies ist bemerkenswert. Eine gewisse Absurdität des Projektes liegt in der Wertlosigkeit der Originale, von denen die Reproduktionen gefertigt werden. Die Geräte, ähnlich wie alte Möbelstücke, Spuren unserer Zeit, haben im Kontrast zu alten Stühlen und Tischen überhaupt keinen weiteren Nutzwert. Ihr Wert liegt hauptsächlich im Inneren, in der Speicherkapazität, Schnelligkeit und weiteren digitalen Neuigkeiten. Aufeinandergestapelte Geräte, Kilometer von Klebebandkabel, Verlängerungsschnüren, Steckern und Steckdosen, auf den ersten Blick täuschend echt, haben die Räume des Kunstvereines Harburger Bahnhof in eine Art verrückter Equipmentlandschaft verwandelt. Vielleicht spiegeln sie einige Aspekte der heutigen Zeit.
„Für diese kleinen Helfer der Computernutzer heißt es "Aus die Maus". Dennoch leben sie - in der Kunst.“ So bringt Gisela Schütte* das Thema auf den Punkt. „Unter dem Titel "mice & more" haben die aus St. Petersburg stammenden Künstler-Schwestern Maria und Natalia Petschatnikov Computermäuse als Kunstmittel ihrer Installationen entdeckt. Und so manches andere Detail vom elektronisch ausgestatteten Schreibtisch des 21. Jahrhunderts dazu - Monitore und Drucker, Tastaturen und anderes Equipment, das den Computer leistungsfähiger macht, bekommt … im Kunstverein Harburger Bahnhof eine Rolle als Versatzstück in der Welt der Mäuse.“
Vielfältige Installationen haben die Künstlerinnen inzwischen geschaffen. Und das stets spannende ist: „Sie verfremden vertraute Dinge des Alltags und führen sie dadurch ad absurdum. Dabei sind die Bilder, die sie erzeugen, in sich stimmig und harmonisch, ihre Aussagen verbergen immer einen Hintersinn.“
Die Welt, 06. September 2006